Wann darf sich ein Unternehmen „Manufaktur“ nennen? Seltener als man vermutlich denkt.
Ein Mandant beauftragte uns, ihm bei der Namensfindung seines in der Gründungsphase befindlichen Unternehmens zu begleiten und zu beraten. Dem Mandanten schwebte die Verwendung des Begriffs „Manufaktur“ im Firmennamen vor, da das aus seiner Sicht besonders hochwertig klinge. Warum das häufig keine gute Idee ist, soll hier in Ansehung eines Urteils des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main aus dem Jahre 2021 kurz beleuchtet werden.
1. Wann darf sich ein Unternehmen „Manufaktur“ nennen?
Die Parteien des Rechtsstreits sind Wettbewerber im Bereich des Vertriebs nostalgischer Blechschilder. Sie streiten um wettbewerbs- und markenrechtliche Unterlassungsansprüche, Schadensersatzfeststellung und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Die Klage des Anbieters von nostalgischen Blechschildern hatte Erfolg, soweit es um die Unterlassung der Bezeichnung „Manufaktur“ im Firmennamen des beklagten Unternehmens („A Manufaktur GmbH“ ) ging. Das OLG Frankfurt wertete die Verwendung dieses Begriffs als irreführend gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 3 UWG und damit wettbewerbsrechtlich verboten.
Obwohl sich die Bedeutung des Wortes „Manufaktur“ mit der Zeit ändern kann, sah das Gericht keine ausreichende Wandlung hin zu einem allgemeinen Begriff für „Fabrik“, „Firma“, „Unternehmen“ oder „Werk“. Vielmehr werde „Manufaktur“ weiterhin überwiegend mit einer traditionellen Handfertigung und hochwertigen Produkten in Verbindung gebracht. Der Begriff suggeriert, dass die Herstellung überwiegend in Handarbeit erfolgt, was im Fall des beklagten Unternehmens nicht nachgewiesen werden konnte. Dass nach dem Vortrag der Beklagten auch zahlreiche andere Unternehmen die Bezeichnung „Manufaktur“ im Firmennamen tragen, obwohl einige davon keinerlei handwerkliche Leistungen anbieten oder erbringen, lässt nach Auffassung des Gerichts gleichfalls nicht den Schluss zu, was der hier angesprochene Verkehrskreis unter „Manufaktur“ versteht.
Durch die irreführende Nutzung des Begriffs „Manufaktur“ sei es zudem möglich, dass Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung bewegt werden, die sie bei korrekter Information nicht getroffen hätten. Besonders der Anteil der Handarbeit kann für Kunden ein wichtiger Faktor bei der Kaufentscheidung sein, da dieser eine höhere Qualität im Vergleich zu einer rein maschinellen Produktion suggeriert.
Fazit: Bei der Verwendung des Begriffs „Manufaktur“ im Firmennamen sollte man zurückhaltend sein. Denn es ist im Ergebnis davon auszugehen, dass der maßgebliche Verkehrskreis, also die angesprochenen Kunden, mit dem Begriff „Manufaktur“ im Gegensatz zur industriellen Herstellung von Produkten eine Herstellungsstätte mit langer Tradition und Handfertigung hoher Qualitäten verbindet (so auch schon das Kammergericht Berlin GRUR 1976, 641 – Porzellan-Manufaktur), wie es sich auch aus dem Wort „Manufaktur“ selbst ergibt (manus = Hand und facerere = erbauen, tun, herstellen).
2. Firmengründung erst 2017 und Alterswerbung mit 100-jähriger Tradition
Das OLG Frankfurt musste sich in dem Rechtsstreit darüber hinaus auch noch mit dem immer wieder einmal auftretenden Problem der so genannten Alters- oder Traditionswerbung befassen.
Hinsichtlich der Alterswerbung des beklagten Unternehmens, das mit einer 100-jährigen Tradition im Erstellen von Blechschildern geworben hatte, entschied das Gericht am Ende jedoch zugunsten des Beklagten. Obwohl das Unternehmen im vorliegenden Fall selbst erst 2017 gegründet wurde, war die Werbung nicht irreführend. Der Anbieter konnte auf die wirtschaftlichen Aktivitäten eines anderen, älteren Unternehmens zurückgreifen, was eine hinreichende Geschäftskontinuität darstellte.
Nach Ansicht des Gerichts lag keine Irreführung des Publikums vor, da die wirtschaftliche Fortdauer des früheren Unternehmens und dessen Tradition (und neuem Namen) fortgesetzt wurde. Der Verweis auf die 100-jährige Geschichte des Unternehmens war somit sachlich gerechtfertigt. Auch wenn sich das Fabrikationsprogramm des Unternehmens im Laufe der Zeit geändert hatte, begründe dies keine Irreführung.
Grundsätzlich ist Werbung nur dann irreführend, wenn sie beim Publikum falsche Vorstellungen über die Fähigkeiten oder Eigenschaften eines Unternehmens erzeugt und die Kaufentscheidung in relevanter Weise beeinflusst. Der Durchschnittsverbraucher rechnet jedoch heute mit gewissen Veränderungen in der Produktionsweise und erwartet nicht, dass alle Produktionsschritte weiterhin im eigenen Unternehmen durchgeführt werden. Daher war die Alterswerbung in diesem Fall zulässig.
BGH schafft – endlich – Klarheit bei der Nutzung einer Fototapete im Internet
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 11. September 2024 in mehreren Urteilen entschieden, dass die Nutzung von Abbildungen einer Fototapete im Internet keine Verletzung von Urheberrechten darstellt. Konkret ging es um die Frage, ob Fotografien, die auf solchen Tapeten abgedruckt sind, ohne Zustimmung des Urhebers online gezeigt werden dürfen.
Hintergrund:
Die Klägerin, ein Unternehmen, das Fototapeten mit Bildern eines Berufsfotografen vermarktet, klagte in drei Fällen gegen unterschiedliche Nutzer ihrer Produkte:
- Fall 1 (I ZR 139/23): Eine Privatperson hatte eine Fototapete in ihrem Haus angebracht, die in Videos auf ihrem Facebook-Auftritt zu sehen war.
- Fall 2 (I ZR 140/23): Eine Medienagentur nutzte auf ihrer Webseite ein Foto einer Internetseite, auf dem eine Tapete mit dem streitigen Bildmotiv zu sehen war.
- Fall 3 (I ZR 141/23): Ein Hotelbetreiber hatte eine solche Fototapete in seinem Hotel verwendet, die auf Werbefotos für seine Dienstleistungen im Internet sichtbar war.
Die Klägerin forderte Schadensersatz, die Erstattung von Abmahnkosten und in einem Fall (Fall 3) zusätzliche Auskunft über den Umfang der Nutzung. Sie war der Meinung, dass durch die Abbildungen im Internet die Urheberrechte an den Fotografien verletzt würden.
Vorinstanzen und Entscheidung des BGH:
In allen Fällen hatten die Gerichte zunächst zugunsten der Beklagten entschieden, und der BGH bestätigte nun diese Urteile. Die Begründung: Durch den Kauf und die Verwendung der Fototapeten war eine stillschweigende Einwilligung (konkludente Einwilligung) des Fotografen gegeben, dass die Tapeten – und damit auch die abgedruckten Fotografien – in einer Weise genutzt werden dürfen, die üblich ist. Dazu gehört auch das Fotografieren oder Filmen von Räumen, in denen die Tapete angebracht ist, und die Veröffentlichung dieser Aufnahmen im Internet.
Warum keine Urheberrechtsverletzung vorliegt:
Der BGH stellte fest, dass es bei Fototapeten zu erwarten sei, dass diese auf Fotos oder Videos, die beispielsweise in privaten oder gewerblichen Räumen gemacht werden, sichtbar sind und anschließend online veröffentlicht werden. Da der Urheber keine Einschränkungen bei der Nutzung der Fototapeten vorgegeben hatte (z.B. durch einen Hinweis auf das Urheberrecht oder einen Rechtsvorbehalt), ist dies eine gängige und rechtlich zulässige Nutzung.
Auch die Medienagentur in Fall 2 konnte sich auf diese stillschweigende Einwilligung berufen, da die Nutzung als üblich eingestuft wurde. Zudem verzichtete der Urheber durch sein Verhalten auf das Recht, namentlich genannt zu werden, was sonst nach § 13 Urheberrechtsgesetz (UrhG) vorgesehen ist.
Fazit:
Wer eine Fototapete mit einer urheberrechtlich geschützten Fotografie kauft und sie in seinen Räumen anbringt, darf diese auch in Aufnahmen, die online veröffentlicht werden, zeigen. Der Urheber verzichtet in diesem Fall durch sein Verhalten auf weitergehende Nutzungsrechte, solange keine besonderen Einschränkungen vertraglich vereinbart wurden.
Dieses Urteil schafft Klarheit für Verbraucher und Unternehmen, die Fototapeten verwenden, ohne sich Sorgen über mögliche Urheberrechtsverletzungen machen zu müssen.
Cookie-Banner – Akzeptieren und Ablehnen von Cookies
Das Oberlandesgericht (OLG) Köln hat in einem Urteil vom 19. Januar 2024 (Az. 6 U 80/23) entschieden, dass Cookie-Banner so gestaltet sein müssen, dass eine echte Wahlmöglichkeit für das Ablehnen oder das Akzeptieren von Cookies bestehe. Dies ist nach der Auffassung des OLG Köln dann nicht der Fall, wenn nur die Auswahl zwischen den Buttons „Alles Akzeptieren“ und „Speichern“ besteht. Denn dem Durchschnittsnutzer erschließe sich dann bereits nicht, welche Funktion sich konkret hinter dem jeweiligen Button verbirgt bzw. mit welchem Button er nunmehr tatsächlich die Ablehnung der Cookies erreichen kann.
In dem Rechtstreit ging es um die Gestaltung eines Cookie-Banners auf dem Wetterportal wetteronline.de. Das Ablehnen nicht notwendiger Cookies war dort erst auf der zweiten Ebene des Cookie-Banners möglich. Außerdem befand sich in der rechten oberen Ecke des Banners ein „X“ mit der Beschriftung „Akzeptieren & Schließen“, durch dessen Anklicken man in die Verarbeitung von Cookies durch wetteronline.de einwilligte.
Das OLG Köln sah hierin einen Verstoß gegen § 25 Abs. 1 TTDSG (Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz). Danach ist die Speicherung von Informationen auf einem Computer oder Mobiltelefon eines Nutzers oder der Zugriff auf Informationen, die bereits auf dem Computer oder Mobiltelefon gespeichert sind, sind nur zulässig, wenn der Nutzer auf der Grundlage von klaren und umfassenden Informationen darin eingewilligt hat.
Anmerkung: Das wird ganz sicher nicht die letzte Entscheidung zur Gestaltung von Cookie-Bannern sein! Der europäische Gesetzgeber hat sich zwar darum bemüht, in der Datenschutzgrundverordnung (der Verordnung (EU) 2016/679) recht umfassende Regeln für die Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten zu schaffen, diese Regelungen sind aber leider so sperrig geraten, dass Webseitenbetreiber oftmals den mit ihrer praktischen Umsetzung verbundenen Aufwand scheuen.
Keine Urheberrechtsabgabe für Cloud-Dienste
Das Oberlandesgericht (OLG) München hat mit einem Urteil vom 2. Februar 2024 (Az. 38 Sch 60/22 WG e) eine Klage der der Zentralstelle für private Überspielungsrechte (ZPÜ) gegen den Cloud-Anbieter Dropbox abgewiesen und in seinem Urteil einen Anspruch der ZPÜ gegen Dropbox auf Auskunft und auf Zahlung einer Urheberrechtsabgabe für verneint.
Bei der ZPÜ handelt es sich um einen Zusammenschluss deutscher Verwertungsgesellschaften, die urheberrechtliche Ansprüche wegen der Vervielfältigung von Audiowerken und audiovisuellen Werken geltend machen kann.
Dropbox Inc. ist ein Anbieter von Cloud-Infrastruktur mit Sitz in San Francisco. Von der ZPÜ vor dem OLG München in Anspruch genommen wurde eine in Irland beheimatete Tochtergesellschaft von Dropbox Inc., die als Vertragspartnerin für private und geschäftliche Nutzer der Dropbox-Dienste in Deutschland auftritt.
Die ZPÜ hatte mit ihrer Klage gegen Dropbox urheberrechtliche Auskunfts- und Vergütungsansprüche wegen der Überlassung von Clouds im Wege des Cloud-Computings geltend gemacht. Zur Begründung hatte die ZPÜ angeführt, dass die von Dropbox angebotenen Clouds von den Nutzern der Cloud-Dienste zur Herstellung von Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke genutzt wurden und die diese aus technischen Gründen und aus funktionaler Nutzersicht als Speichermedium und als Gerät nach dem Urheberrechtsgesetz zu qualifizieren sei.
Das OLG München ist der Argumentation der ZPÜ nicht gefolgt und zur Begründung ausgeführt, dass Dropbox weder Geräte noch Speichermedien im Sinne des Urheberrechts anbiete, sondern lediglich eine Dienstleistung, die eine Zugriffsmöglichkeit auf von Dropbox betriebenen Online-Speicherplatz ermögliche. Die Überlassung einer internetbasierten Nutzungsmöglichkeit werde aber von der gesetzlichen Regelung nicht erfasst, weil der verwendete Begriff des Trägers von Informationen und Daten nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einen körperlichen Gegenstand bezeichne. Und durch die Bereitstellung der Soft- und Hardware sei für die Nutzer von Dropbox auch noch nicht die Möglichkeit verbunden, Privatkopien urheberrechtlich geschützter Werke herzustellen. Denn dies setze voraus, dass der Cloud-Nutzer mit einem Endgerät (z.B. Tablet, Handy, PC oder Smartwatch) eine temporäre, internetbasierte Verbindung zu der Cloud herstelle, mit deren Hilfe erst Privatkopien auf dem Cloud-Speicher erstellt werden könnten. Zudem sei Dropbox als Cloudbetreiberin aber auch nicht Herstellerin von Geräten und Speichermedien.
Da es sich bei Dropbox um einen Cloud-Anbieter handelt, der seinen Sitz zwar in der EU aber nicht in Deutschland hat, ist nach der Entscheidung des OLG München weiterhin unklar, ob Cloud-Anbieter mit Sitz in Deutschland zur Zahlung von Urheberrechtsabgaben für die von ihnen angebotenen Cloud-Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können. Eine große Rolle dürfte hierbei die auch im Urteil des OLG München genannte Problematik darstellen, dass es dazu kommen kann, dass die Urheberrechtsabgabe mehrfach erhoben werden könnte, wenn im Rahmen eines einheitlichen Vervielfältigungshandlung mehrere Geräte und Speichermedien, also wenn nicht nur die Endgeräte, sondern auch etwa Cloud-Server, von ihr betroffen sind.