« Zurück zur Startseite

News

EuGH zu Verwertungsgesellschaften

Kategorien: News, Urheberrecht

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in einem Urteil erneut mit der Frage beschäftigt, ob eine nationale Regelung (in diesem Fall die italienische) gegen den in Art. 5 Abs. 2b der EU-Urheberrechtsrichtlinie (EU-Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft) verankerten Grundsatz des „gerechten Ausgleichs“ verstößt.

Der unionsrechtliche Grundsatz des „gerechten Ausgleichs“ soll den Urhebern urheberrechtlich geschützter Werke wie etwa Autoren und Künstlern einen finanziellen Ausgleich für die legale Vervielfältigung ihrer Werke als so genannte Privatkopien sichern. In Deutschland werden die Rechte von Urhebern durch Verwertungsgesellschaften wie die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA), die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), die Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten mbH (GVL) und die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst (VG Bild-Kunst) wahrgenommen.

In der Entscheidung des EuGH ging es um eine Klage mehrerer Hersteller von Mobiltelefonen, u.a. Microsoft Mobile Sales International Oy, Hewlett-Packard Italiana Srl und Samsung Electronics Italia SpA gegen die italienische Verwertungsgesellschaft SIAE (Società italiana degli autori ed editori) und das italienische Ministerium für Kulturgüter und kulturelle Tätigkeiten (MIBAC), mit der sich die Kläger gegen eine italienische Regelung zum „gerechten Ausgleich“ wandten, weil nach dieser auch solche Personen den Ausgleich für Privatkopien schuldeten, die zu eindeutig anderen Zwecken als zur Anfertigung von Privatkopien tätig würden, insbesondere juristische Personen und Personen, die zu beruflichen Zwecken tätig würden. Sie rügten zudem den diskriminierenden Charakter der Übertragung der Befugnisse vom MIBAC auf die SIAE, bei der es sich um die Einrichtung handele, die mit der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten in Italien betraut sei, da die nationale Regelung die sie ermächtige, zu bestimmen, wer von der Entrichtung der Abgabe für Privatkopien zu befreien sei und wem diese Abgabe nach erfolgter Entrichtung erstattet werden könne.

In der Sache hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass ein Rückerstattungssystem für „zu viel“ abgeführte Geräte- und Speichermedienabgaben, der nicht für alle betroffenen Unternehmen gleichermaßen gesetzlich geregelt ist, sondern nur in einer Vereinbarung mit einer Verwertungsgesellschaft, nicht richtlinienkonform ist, d.h. gegen den europarechtlichen Grundsatz des „gerechten Ausgleichs“ verstößt. Des Weiteren hat der EuGH in dem Urteil ausgeführt, dass es auch nicht richtlinienkonform ist, wenn den Unternehmen in einer Handelskette nicht zumindest die Möglichkeit einer Freistellung einer Privatkopieabgabe offen steht.

EuGH, Urteil vom 22.09.2016 (C-110/15 – Microsoft Mobile Sales International u.a. ./. SIAE)

Anmerkung: Mit dieser Entscheidung hat der EuGH seine bisherige Rechtsprechung zum „gerechten Ausgleich“ aus seinen Urteilen vom 5. März 2015 (Az. C-463/12 „Copydan Båndkopi“), 11. Juli 2013 (Az. C-521/11, „Amazon.com International Sales u. a.“) und 21. Oktober 2010 (Az. C-467/08, „Padawan“) bestätigt.

Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH bestehen weiterhin begründete Zweifel daran, ob die deutschen gesetzlichen Regelungen zur Privatkopieabgabe (geregelt in den §§ 53 ff. Urhebergesetz) richtlinienkonform sind.